Disruption: warum wird sie unterschätzt und was kann man tun?

    Der Begriff der Disruption ist auf vielen Konferenzen breit getreten worden und doch wurde die entscheidende Botschaft oft nicht verstanden: was ist Disruption, warum ist sie relevant für die digitale Transformation und was können Unternehmen tun?

    Im folgenden Video (Dauer etwa 5 Minuten) wird dieser Frage nachgegangen:

    Sollte Ihnen der Inhalt gefallen haben: im Webinar zu Digitalen Megatrends gehen wir noch tiefer und auf weitere Phänomene ein.

    Das folgende, leicht angepasste Transskript gibt den Inhalt des Videos wieder.

    Der ein oder andere wird es vielleicht gar nicht mehr hören können, weil es auch vielen Konferenzen breit getreten wurde trotzdem noch einmal: was ist “Disruption” und warum ist Disruption relevant für die digitale Transformation? Also: zuerst müssen wir Disruption einmal unterscheiden oder trennen von der Substitution. Bei der Substitution denke zum Beispiel an Vorgänge wie das Ersetzen der Schallplatte durch die CD – da hat sich eigentlich nicht viel verändert – das eine Trägermedium wurde durch das andere Trägermedium – jetzt digital, also auch eine Digitalisierung, dabei etwas sehr profanes, ersetzt… gut man hat noch Abspielgeräte gebraucht, aber ansonsten waren da immer noch zehn Tracks drauf, es hat noch die gleiche Länge, die CDs haben einen Tick mehr gekostet als die Schallplatten, man konnte sich halt moderner fühlen; aber im Grunde hat das die Branche nicht wirklich verändert. Da wurden die Produktionsverfahren umgestellt, neue Prozesse eingeführt und das war’s. Sogar die Schallplattenläden mussten eigentlich nicht viel ändern – sie haben einfach statt Schallplatten CDs verkauft. Erinnern sie sich noch an Läden wie World of Music oder so was? So, jetzt kommt die DisruptionDisruption bedeutet was anderes: dort führen die technologische Veränderungen dazu, dass wir eine komplette Änderung des Leistungsangebotes habe, der Prozesse, also im Grunde eine totale Strukturveränderung, wo am Ende kein Stein auf dem anderen bleibt – und das ist natürlich gefährlich – und das schlimme ist: sie sehen es vielleicht gar nicht. Kleines Beispiel: KODAK und die Digitalkamera. Kaum einer weiss es: 1977 hat KODAK die Digitalkamera erfunden, trotzdem ist KODAK das Unternehmen, was durch die eigene Erfindung im Grunde der Garaus gemacht wurde. Schlimmer geht’s also nicht. Was ist passiert?

    1977: die Digitalkamera wird erfunden, die KODAK-Manager sind Chemie-Manager. Sie erinnern sich: da sind 36 von 36 Filme auf so einer Rolle und das Geschäftsmodell war so, dass man immer für für 6,95 DM eine neue Filmrolle gekauft hat, die dann hat entwickeln lassen, das heißt im Grunde kann man sagen: Kosten pro Foto – das war das Business-Modell. Der Prozess war Chemie, auch nicht elektronisch wie nachher. Jetzt kommt die Digitalkamera und die KODAK-Manager haben lange, lange zugeschaut… und diese dieser Verlauf der ging erstmal ganz ganz, ganz langsam, das heißt, es war eine sehr sehr schlechte Technologie – die Pixel waren zu wenig, das hat keinen Spaß gemacht, das war was für Nerds, so ein richtig guter Profifotograf hat da lange, lange mitleidig darauf geschaut, auf die Qualität. Und irgendwann – und das ist bei der Digitaltechnik so – dadurch, dass sich die Prozessorleistung alle 18 Monate verdoppelt, wird auf einmal die Qualität gut – wie so eine Exponentialkurve kann man sich das vorstellen: auf einmal “Boom!” und es geht nach oben und wir haben eine Top-Qualität und die Technologie ist da! Dann geht das ganze natürlich entsprechend schnell in die Knie – und so ist es gegangen. 2000 sah es bei KODAK noch super aus: die Umsätze wuchsen, der Absatz an Filmrollen wuchs und auf einmal ging’s komplett bergab. Und, was hat KODAK gemacht? Sie haben richtig reagiert: sie haben was gemacht: sie haben mit Innovation reagiert, sie haben nicht versucht, es zu bekämpfen, sondern sie waren innovativ. Sie haben im übrigen innerhalb von von drei Jahren einige Innovationen auf den Markt gebracht, zum Beispiel der automatische Ausdruckautomat, den kennen sie ja in vielen Drogeriemärkte. Und KODAK wurde Marktführer. Wo ist das Problem, warum ist KODAK heute pleite. Also in drei Jahren haben sie quasi ihr Geschäft verloren, es gab einen Übernahme in die Digitalfotografie und dann haben sie reagiert und 2007 war Schluss. 2007 war also quasi der Absatz, das Absatzwachstum von den Ausdruck automaten zu Ende und der Markt stagnierte. Was war passiert? 2007: das iPhone! Das iPhone ist gekommen und damit hatten die Leute einfach nicht mehr den Bedarf, auszudrücken, das heißt die Fotos sind einfach auf diesem iPhone geblieben,
    auf diesem Speichermedium, später in der iCloud, man hat sie sich direkt auf dem Gerät angeschaut. Und daran sieht man natürlich: auch, wer reagiert auch wer disruptiv, diesen disruptiven Herausforderungen durch Innovation begegnet,
    macht einen Fehler, wenn er denkt dass man   durch eine neue Innovation den alten Markt kompensieren kann. Das war einfach nicht der Fall, sprich: KODAK hätte viel, viel, viel, viel, viel mehr Innovationen machen müssen und auch diesen Ausdruckmarkt – denken sie mal, wie sieht das heute aus – man kann ausdrucken auf Fototapete, auf Tassen, auf -T-Shirts, etc. – das hätte KODAK alles bedienen müssen und auch das hätte nicht gereicht. Das heißt, nicht nur eine Innovation, sondern zehn Innovationen! Also, man sieht: diese alten Massenmärkte, die zerfallen ein bisschen und es kommen viele, viele kleine Märkte dazu. Und man muss einfach ganz andere Kräfte walten lassen.

    Was machen wir daraus? Was sind Ihre Gedanken dazu?

    Ihr

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    Thomas Vehmeier

    Thomas Vehmeier ist Diplom-Volkswirt, Digital-Stratege und Plattformökonom. Online bereits seit 1993, berät er heute Konzerne und mittelständische Unternehmen bei ihrer Internet-Strategie und unterstützt im Interim-Management – zuletzt im ThinkTank des Telekom-CEO, zuvor vor allem für Franchise-Zentralen und Handelsunternehmen.
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