Digitaler Wandel und Strategie – haben Sie noch den Überblick?

    Es kann wahrhaft nicht behauptet werden, es würde nicht genug geschrieben, diskutiert oder sonst etwas. Das Internet ist überall.  Es so gibt es wirklich für jedes noch so kleine Thema den entsprechenden Experten, das entsprechende Podium. Social Media für das KfZ-Gewerbe, SEO für Einzelhändler, Shop-Systeme für den Buchhandel. The Medium is the Message!
    Das alles kann natürlich darüber hinwegtäuschen, dass wir es mit Verwerfungen ganz grundsätzlicher Art zu tun haben. Wenn das Kerngeschäft schmilzt, hilft kein TYPO3-Update. Und auch mit SEO und SEM kann man den Niedergang nur eine Weile aufhalten. Tatsächlich beginnt gerade eine Übergangsphase auf dem Weg in die digitale Wirtschaft, die erst einmal Verlierer produziert.

    Das war auch in den Zeiten der industriellen Revolution nicht anders. Die Fabriken senkten die Herstellungskosten dramatisch und produzierten Arbeitslosigkeit bzw. Abwanderung in die (prekäre) Lohnarbeit. Den Skaleneffekten konnte sich niemand entziehen. Heute sind es ähnliche Größenvorteile, die Unternehmen wie ebay, Amazon oder Google helfen, aber es mittleren und kleineren Mitspielern schwer machen. Hochangesehene, traditionelle Verlagshäuser wie etwa Suhrkamp spielen nicht in der gleichen Liga wie Google und Facebook. Deshalb versucht man sich auf der Meso-Ebene – der Verlagswelt zum Beispiel – mit so etwas wie einem Leistungsschutzrecht. Es ist die schiere Verzweiflung, die versucht, den unabänderlichen Niedergang noch etwas aufzuhalten. Man möchte nur das Schöne am Internet sehen, doch das Böse, das Bedrohliche verbieten, anstatt sich der Situation zu stellen. Es sind Zäune, die da errichtet werden, Zäune gegen einen großen Sturm, den man ja doch nicht aufhalten kann.
    Menschen lieben Zäune und Abgrenzungen, es liegt in der Natur, das Erreichte in irgendeiner Weise schützen zu wollen. Am Nordseestrand baut man einen Sandwall um den Strandkorb. Das Meer zu sehen ist nicht so wichtig, wie der Schutz vor fremden Blicken.
    Aus meinen Gesprächen mit mittelständischen Geschäftsführern, die durchaus erfolgreich in ihrem Geschäft sind, spüre ich eine zunehmende Unsicherheit und Ratlosigkeit im Umgang mit dem Internet. Man hat mittlerweile den dritten oder vierten Relaunch der Website hinter sich, Social Media hat man auch schon eingeführt (die Mitarbeiter weigern sich allerdings noch zu bloggen oder zu twittern), man hat also scheinbar alles irgendwie gemacht. Aber auch das meiste nicht so richtig. Man war immer dabei, doch stand irgendwie immer am Rand.
    So stellt sich für viele ein mulmige Gefühl ein. Das alles schlechter wird. Noch schwieriger. Noch unbeherrschbarer. Noch schlimmer. Das Internet wandelt sich von der Verheißung zur Bedrohung.
    Meine Einschätzung ist: das Gefühl trügt nicht.
    Wer nicht versteht, wie Skalen- und Netzwerkeffekte wirken, wird keine nachhaltige Strategie für sein Unternehmen finden können. Eine Social-Media-Strategie, eine Twitter-Policy und Blogger Relations sind alles tolle operative Pakete. Unternehmen sollten bei all den operativen Strategien, Einzelmaßnahmen und Optimierungen den Überblick nicht verlieren. Aus dem Maschinenraum steigen und wagen, groß zu denken. Sein eigenes Unternehmen in Frage zu stellen. Das Internet ist kein Feature. Das Internet ändert die Dinge grundsätzlich. 
    Wenn Sie also eine E-Commerce-Strategie oder eine Social-Media-Strategie entwickeln wollen, fragen sie sich bitte auch, ob Ihre Unternehmens-Strategie noch zu Ihren Zielen passt.

    Was machen wir daraus? Was sind Ihre Gedanken dazu?

    Ihr

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    Thomas Vehmeier

    Thomas Vehmeier ist Diplom-Volkswirt, Digital-Stratege und Plattformökonom. Online bereits seit 1993, berät er heute Konzerne und mittelständische Unternehmen bei ihrer Internet-Strategie und unterstützt im Interim-Management – zuletzt im ThinkTank des Telekom-CEO, zuvor vor allem für Franchise-Zentralen und Handelsunternehmen.
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