Die schlimmsten Fehler beim Customer Journey Mapping

    Customer Journey Mapping ist ein kraftvolles Werkzeug, um die Erfahrung eines Kunden mit Ihrem Unternehmen von Anfang bis Ende zu visualisieren. Aber worauf kommt es an und was sind die häufigsten Fehler? Erfolgsfaktoren für eine gelungenen CX-Transformation sind eine kundenzentrierte Sicht sowie eine agile Beschäftigung mit der Kundenreise über einen längeren Zeitraum. Lassen Sie uns das Ganze in einem knappen Überblick aufschlüsseln, speziell zugeschnitten auf Unternehmer und Führungskräfte. Doch zunächst lassen Sie uns einige grundlegende Dinge klären.


     

    Was ist eine Customer Journey Map?

    Bei einer Customer Journey Map handelt sich um eine grafische Darstellung aller Berührungspunkte, die ein Kunde mit Ihrem Unternehmen hat. Dies kann von der ersten Wahrnehmung Ihrer Marke bis zum Kauf und darüber hinaus reichen. Eine Customer Journey Map ermöglicht es Unternehmen, Schwachstellen im Kundenprozess zu identifizieren und bessere Kundenerlebnisse zu schaffen. Ein besseres Kundenerlebnis kann zu erhöhter Kundenzufriedenheit, Loyalität und letztlich zu höheren Umsätzen führen.

    Eine Customer Journey Map erstellt man mit folgenden vier Schritten:

    1. Zielgruppen definieren: Identifizieren Sie Ihre Hauptkunden und erstellen Sie detaillierte Personas.
    2. Berührungspunkte identifizieren: Notieren Sie alle Punkte, an denen der Kunde mit Ihrem Unternehmen in Kontakt kommt, sowohl online als auch offline.
    3. Emotionen und Erlebnisse kartieren: Wie fühlt sich der Kunde in jedem dieser Punkte? Gibt es Frust oder Begeisterung?
    4. Optimierungspotenziale identifizieren: Wo gibt es Schwachstellen? Was kann verbessert werden?

     

    Worin liegt der Wert einer Customer Journey Map?

    Und worin liegt nun der geschäftliche Wert einer Customer Journey Map? Aus der Business-Perspektive kann ein detailliertes Verständnis der Kundenerfahrung dabei helfen, Ressourcen effizienter zu nutzen, Marketingstrategien zu verfeinern und Innovationen gezielt dort zu implementieren, wo sie den größten Einfluss haben. Das Geld wird quasi an der richtigen Stelle ausgegeben. Somit kann ein Customer Journey Mapping eine Vorstufe zu einer Veränderungs-Roadmap für Unternehmen sein, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Es ist also nicht nur ein Marketing-Tool, sondern ein strategischer Ansatz, der direkt den Unternehmenserfolg beeinflussen kann. Es bietet die Möglichkeit, aus der Perspektive des Kunden zu denken und so den Mehrwert für ihn ständig zu erhöhen.

     

    Zunehmende Bedeutung (und falsche Implementierung) von Customer Journey Maps

    Customer Journey Mappings hat in den letzten Jahren nicht im B2C, sondern auch in B2B-Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen. Das liegt unter anderem daran, dass sie zur Verbesserung der Kundenerfahrung beitragen können.

    Die Erstellung und Pflege einer Customer Journey Map erfordert ein hohes Investment an Zeit und Ressourcen. Leider bleiben viele Customer Journey Maps hinter den Erwartungen zurück. Dies liegt jedoch weniger an dem Ansatz des Journey-Mappings, sondern meist an Fehlern, die im Journey-Mapping-Prozess gemacht wurden. Im Folgenden sollen daher die häufigsten Fehler beim Customer Journey Mapping aufgezeigt werden und wie Sie sie vermeiden können.

     

    Erster Fehler: Fehlende Definition der Zielkunden

    Wenn Sie Ihren Kunden, der die Customer Journey durchlaufen hat, nicht definieren oder seine Bedürfnisse und Wünsche nicht erkennen, wird es für Sie fast unmöglich, verwertbare Erkenntnisse zur Verbesserung der Serviceerfahrungen für Ihre Kunden zu gewinnen. Es ist wichtig, Ihren Kunden zu definieren, um die Customer Journey richtig zu planen. Wenn Sie dies nicht tun, können Sie zwar eine Prozess- oder Systemanwendung erstellen, aber keine gute Serviceerfahrung aus der Sicht des Kunden.

    Customer Journey Mapping ist ein Prozess, bei dem der Kunde in den Mittelpunkt des gesamten Prozesses gestellt werden muss. Das bedeutet im Grunde, dass der Kunde der Ausgangspunkt für jeden Customer Journey Mapping-Prozess ist.

    Wenn ein Unternehmen seinen Kunden nicht definiert, verpasst es den Ausgangspunkt für seinen gesamten Prozess. Unternehmen müssen verstehen, worauf es ihren Kunden ankommt, damit sie einen maßgeschneiderten Ansatz wählen können, der hohe Gewinne abwirft. Definieren Sie daher genau Ihren Zielmarkt und die Kundensegmente, die angesprochen werden sollen. Leiten Sie ebenfalls Personas ab und beschreiben diese. Umso genauer Ihre Vorstellung des zu adressierenden Marktes und der Zielgruppe ist, umso zielführender wird die Map.

     

    Zweiter Fehler: Customer Journey Map wird aus der Unternehmensperspektive erzählt

    Ein weiterer schwerwiegenderer Fehler beim Customer Journey Mapping ist die Abbildung der Customer Journey aus der Perspektive des Unternehmens und nicht aus der des Kunden. Dahinter steckt meist der Irrtum, die Customer Journey sei letztlich ein Prozess. Die Abbildung der Customer Journey Map aus der Unternehmensperspektive beinhaltet in diesem Fall meist nicht die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden und macht es somit unmöglich, das Serviceerlebnis für die Kunden zu verbessern. Oft sind es Prozessmanager, die den Auftrag bekommen, eine Customer Journey Map zu entwickeln – dies führt dann recht schnell zu dem angesprochenen Fehler.

    Eine Customer Journey Map aus der Unternehmensperspektive wäre immer nur ein formaler Prozess ohne Berücksichtigung der Erfahrung und Gefühle des Kunden. Der Kunde sucht aber oft ganz andere Wege, um sein Bedürfnis zu decken – auch wenn das Unternehmen dabei keine Rolle spielt. Die Idee, eine Kundenreise sei ein Prozess ist eine Projektion des Planungsdenkens auf den Kunden und im Grunde nichts anderes als ein gedankliches Konstrukt. Mit der Realität des Kunden haben solcherlei Maps dann oft nichts zu tun. Im schlimmsten Fall richtet sich das Unternehmen nach diesem neuen “Prozess” aus und zwingt den Kunden dann genau in dieses Korsett. So etwas kann heutzutage, wo Kunden Auswahl an Dienstleistern haben, nicht zum Erfolg führen.

    Bei dieser Art von Customer Journey Map verpassen Unternehmen zudem die Möglichkeit, aus dem Kundenvertrauen Vorteile zu ziehen, da die Map nicht auf tatsächlichen Kundenaktivitäten, sondern auf formalen Interaktionen basiert. Kundenerfahrungen basieren nicht immer auf formellen Interaktionen. Die Kunden nehmen in der Praxis oft einen anderen Weg als der, den das Unternehmen für sie vorgesehen hat.

    Ein Hinweis auf diesen Fehler ist oft eine Verwendung von Begriffen, die eher die Unernehmensperspektive zeigen. So gibt es für den Kunden keine “Akquise”. Diese Phase stellt für ihn eher eine Informations- und Vergleichsphase dar. Seien Sie also bereits bei der Verwendung der Bezeichnung der einzelnen Phasen der Kundenreise achtsam und wechseln Sie in die Kundenperspektive! Denken Sie: der Kunde soll diese Karte lesen, nicht sie! Ihre Aufgabe wird es sein, dem Kunden Tools und Services auf seiner Reise zu Verfügung zu stellen, die ihm auf seiner Reise weiterhelfen.

     

    Dritter Fehler: Die Customer Journey beginnt mit unternehmensinternen Prozessen

    Dieser Fehler ist eine Erweiterung des oben erwähnten Fehlers. Viele Unternehmen begehen den Fehler, dass sie annehmen, die Customer Journey beginne mit dem Unternehmen und seinen internen Prozessen und nicht mit den Kunden.

    In der Realität beginnt die Customer Journey bereits weit früher als der Kunde mit dem Unternehmen in Kontakt tritt. Um Ihre Kundenerfahrung zu verbessern, müssen Sie die Customer Journey von dem Punkt aus abbilden, an dem die Reise des Kunden beginnt, und nicht von dem Punkt aus, an dem Ihr interner Prozess beginnt. Ein Beispiel dafür ist die Customer Journey eines Reisebüros. Die Kundenreise beginnt hier bereits bei der Idee für eine Reise und mit der abstrakten Beschäftigung mit möglichen Reisezielen, etwa im Gespräch mit Freunden. Die konkrete Planung der Reise gemeinsam mit dem Reisebüro findet dagegen erst in einer späteren Phase der Kundenreise statt, nachdem sich die lockere Idee bereits verfestigt hat.

    Auch hier hilft es wieder, die eigene Ego-Brille abzusetzen: lassen sich Unternehmen auf den Blick über den Tellerrand ihrer eigenen Prozesse ein, erkennen sie viele Möglichkeiten zur Verbesserung der Kundenerfahrung finden, noch bevor der Kunde mit den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens interagiert.

     

    Vierter Fehler: Nicht mit den Kunden sprechen

    Der Elfenbein-Turm ist ein sehr verbreiteter großer Fehler beim Customer Journey Mapping: man spricht einfach nicht mit dem Kunden. Es ist durchaus in Ordnung, die erste Version der Customer Journey Map in einem internen Workshop mit Mitarbeitern zu erstellen, die selbst im Kundenkontakt stehen. Somit basiert diese erste Version der Map auf bereits vorhandenen Wissen und ist nicht völlig aus der Luft gegriffen.

    Dennoch landen viele unausgesprochene Annahmen in einer derartigen Abbildung der Kundenreise. Diese Annahmen müssen in so einem Fall in Form von übrprüfbaren Hypothesen umformuliert werden und durch das Sammeln von Kundendaten und das Durchführen von Experimenten überprüft werden. Ohne Feedback vom Kunden, bleiben diese Annahmen, auf denen die Karte aufgebaut ist, richtig oder falsch – man weiss es nur nicht sicher… Ich nenne eine solche Karte Proto-Map. Damit meine ich, dass es vollkommen in Ordnung ist, zunächst eine Annäherung zu schaffen, aber es eben nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer echten Customer Journey Map darstellt.

    Wenn Ihre Annahmen falsch sind, verlieren Sie Zeit, Geld und Ressourcen verlieren, weil Sie falsche Schlussfolgerungen ziehen und somit falsche Entscheidungen für Ihr Unternehmen treffen.

    Anstatt über die Ansichten der Mitarbeiter zu Kunden zu diskutieren, sollten Sie mit Ihren Kunden sprechen und durch Interviews und deren Rückmeldungen zuverlässige Daten sammeln.  Gehen Sie einfach raus aus dem Firmengebäude, dahin wo das Leben spielt: zu IhrenKunden. Oder wie es Steve Blank einfach und schön formuliert hat: “Get out of the building”.

     

    Fünfter Fehler: Die Map beschränkt sich auf einen oder wenige Kanäle

    Die Beschränkung Ihres Unternehmens auf einen einzigen Kommunikationskanal ist ein simplistischer Ansatz, den viele Unternehmen verfolgen. Das kann passieren, wenn diejenigen, die die Map erstellen, eine Favorisierung bestimmter Kanäle haben (bei der Online-Marketing-Team könnte das z.B. der Online-Kanal sein) und insofern nicht ausreichend nach anderen Kanälen beim Kunden nachfragen und entsprechend nachhaken. So entsteht schnell ein verfälschtes Bild. Kunden benutzen heutzutage ein breites Spektrum an Kommunikationskanälen und springen auch noch oft über die verschiedenen Kanäle hinweg. Wenn Sie alle Kanäle mit Online- als auch Offline-Medien in Ihre Customer Journey Map einbeziehen, wird sie komplex – das ist leider nicht zu verhindern. Vielen Map-Erstellern wird an dieser Stelle oft zu bunt und sie simplifizieren zu sehr.

    Eine Customer Journey Map, die sich auf einen einzigen Kanal beschränkt, sieht oft wie ein einfaches Flussdiagramm aus. Dies erhöht zwar die Lesbarkeit der Customer Journey Map, stellt aber meiste eine verzerrte Realität dar.

     

    Sechster Fehler: Der Glaube, dass die Customer Journey linear und nicht rekursiv ist

    Die Sache mit dem Kunden ist kompliziert, machen wir uns nichts vor. Kunden ändern ständig ihre Vorlieben und treffen Entscheidung auf einer anderen Basis als in der Vergangenheit. Die Aussagekraft Ihrer Customer Journey Map verfällt somit im Zeitverlauf.

    Eine Kundenreise sollte aber etwas abbilden, was nicht nur eine einmalige Sache oder die Vorliebe eines einzelnen Kunden ist, sondern etwas, dass sich regelmäßig bei sehr viele Kunden ablesen lässt.

    Im Marketing ist es heutzutage bekannt, dass sich die meisten der älteren Methoden zum Verständnis des Kaufverhaltens für die heutigen Kunden nicht mehr anwendbar sind. Das Internet fördert Impulskäufe und impulsives Kundenverhalten. man bestell, wenn man es braucht und bekommt es innerhalb weniger Stunden oder Tage geliefert. Ebenso nimmt die Kundenloyalität ab, schlichtweg durch die Auswahl an Alternativen.

    Kunden treffen ihre Entscheidungen heute in Mikro-Momenten. Gerade bei Impulskäufen sind viele Schritte der Entscheidungsfindung beim Kauf eines Produkts gänzlich verschwunden und durch Online-Tools abgebildet, die Spanne der Kundenreise schmilzt daher tendenziell.

    Wenn Sie Ihre Map auf einer linearen Methode aufbauen, verpassen Sie es, die Reise Ihrer Kunden und ihre Präferenzen vollständig zu verstehen. Das kann dazu führen, dass Sie alte Kunden verlieren und keine neuen hinzugewinnen.

     

    Fazit

    Wenn Sie planen, eine Customer Journey Mapping zu erstellen, sollten Sie diese Fallen auf jeden Fall vermeiden. Auf diese Weise können Sie erfolgreich kundenorientierte Veränderungen vorantreiben. Entscheidend ist eine kundenzentrierte Sichtweise sowie eine Beschäftigung mit der Kundenreise über einen längeren Zeitraum, in welchem sie in agilen Iterationen immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen und ihren Maßnahmenkatalog ständig anpassen und neu priorisieren.  Für den Start ist eine Proto-Map ausreichend, eine der Realität nahekommende Map erfordert jedoch einen eigenen Prozess und einen Customer Journey Owner im Unternehmen, der sich dauerhaft mi der Map beschäftigt und sich der Sache annimmt.

    Was machen wir daraus? Was sind Ihre Gedanken dazu?

    Ihr

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    Thomas Vehmeier

    Thomas Vehmeier ist Diplom-Volkswirt, Digital-Stratege und Plattformökonom. Online bereits seit 1993, berät er heute Konzerne und mittelständische Unternehmen bei ihrer Internet-Strategie und unterstützt im Interim-Management – zuletzt im ThinkTank des Telekom-CEO, zuvor vor allem für Franchise-Zentralen und Handelsunternehmen.
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