Generative KI als strategischer Faktor im Kundenerlebnis

Im Rahmen der digitalen Transformation haben immer mehr Unternehmen die Notwendigkeit erkannt, sich stärker kunden- und servicezentriert aufzustellen. Das Management des Kundenerlebnisses ist daher für stark digital tickende Unternehmen nicht nur eine operative, sondern auch eine strategische Herausforderung.

Diejenigen Unternehmen, die bereits ein Mapping der Customer Journey erstellt haben und dieses mit ihren digitalen Marketing-Instrumenten (z.B. HubSpot) verbunden haben, konnten bereits Effizienzvorteile und höhere Werte der Kundenzufriedenheit erzielen. Möglich gemacht wurde das durch die Verknüpfung von Technologien wie Robotic Process Automation sowie die Integration in gängige CRMs (Marketing Automation basiert zum Großteil darauf). Das Aufkommen generativer KI bringt nun weitere Möglichkeiten für die Gestaltung eines digitalen Service-Erlebnis entlang der Customer Journey.

Zunächst können diese Technologien natürlich repetitive und zeitaufwendige Aufgaben erledigen und den Mitarbeiterstab entlasten, sodass er sich intensiver um die Kunden kümmern kann. Spannender und revolutionärer sind aber weitergehende Schritte, die die Art und Weise, wie Unternehmen mit Kunden interagieren, individuelle Bedürfnisse antizipieren und Omnichannel-Erlebnisse gestalten, verändern.

 

Generative KI ersetzt keine CX-Strategie

Generative KI fungiert zwar als Katalysator für Customer-Experience-Optimierungen, ersetzt jedoch keine ganzheitliche CX-Strategie. Deshalb bleiben strategische Vorarbeiten wie das Erarbeiten eine Customer Journey Map sowie der Definition klarer Ziele und Messkriterien entlang der Kundenreise weiterhin unersetzlich. Der derzeitige Hype um KI-Tools ist daher kurzsichtig und ohne strategiche Einbettung auch nicht nachhaltig.

Eine Analyse von NTT DATA bestätigt dies: Danach erfordert der effektive Einsatz menschenzentrierter KI-Lösungen eine präzise Verzahnung von Technologie und strategischen Geschäftszielen. Unternehmen, die KI-Tools isoliert einsetzen, riskieren der Studie zufolge inkonsistente Kundenerlebnisse oder Reputationsschäden durch unkoordinierte Automatisierung. Die Konsistenz der KI-basierten Maßnahmen mit den Zielen des Kunden bzw. Nutzers entlang der Journey bleibt weiterhin das A und O.

Ein exemplarischer Anwendungsfall ist die Echtzeitauswertung multilingualer Kundenfeedback-Datenströme mittels Large Language Models (LLMs). Während manuelle Analysen wochenlange Ressourcen binden, identifizieren KI-Systeme innerhalb von Minuten – also fast in Echtzeit – kritische Pain Points und ergänzen existierende Journey-Maps um bisher unentdeckte „Moments That Matter“. Diese Synergie aus menschlicher Strategie und maschineller Skalierung bildet die Grundlage für datengetriebene CX-Innovationen. Das sind revolutionäre Ausblicke auf ein CX-Management, welches stärker situativ auf das Kundenverhalten reagieren kann, aber diese Gold-Nuggets wird nur derjenige heben können, der seine strategischen Vorarbeiten gemacht hat.

 

Hyperpersonalisierung als Vision

Die damit verbundenen Personalisierungsfähigkeiten generativer KI markieren einen Paradigmenwechsel im Kundendialog. Fortschrittliche Systeme analysieren Verhaltensdaten, Transaktionshistorien und Support-Interaktionen, um dynamische Kundenprofile zu generieren. Diese Profile speisen adaptive Content-Engines, die individuell zugeschnittene Marketingmaterialien, Produktempfehlungen und Interface-Elemente in Echtzeit produzieren. Der schon oft angekündigte Wandel vom Zielgruppen- zum 1:1-Marketing scheint in greifbarer Nähe.

Denken Sie an KI-generierte Landing Pages, die sich basierend auf dem Surfverhalten, der Geräteumgebung und historischen Präferenzen des einzelnen Besuchers neu zusammensetzen. Solche Systeme erreichen eine Personalisierungsgranularität, die manuelle Prozesse um Größenordnungen übertrifft, bei gleichzeitiger Reduktion der Produktionskosten um bis zu 70%.

 

Die meisten KI-Tools sind auch nur LLM-Wrapper

Der Markt für generative KI-Tools im Marketingumfeld fragmentiert sich zwar zunehmend in spezialisierte Lösungsanbieter. Dennoch stecken hinter den grellen Fassaden der schicken Tools meist die immer gleichen Sprachmodelle. Die wichtigsten LLMs dominieren daher den Bereich textbasierter KI-Inhaltsproduktion. Es gibt zwar unendlich viele Anbieter von Content-Generierungssysteme wie etwa Jasper oder Neuroflash, aber die meisten dieser Systeme greifen ebenfalls nur auf die bereits bekannten LLMs wie OpenAIs GPT-4 und Anthropics Claude 3 zu. Es sind also lediglich Wrapper um die KI-Modelle, die etwas auf den Zweck zugeschnittene Oberflächen haben. Die Fähigkeit der Modelle, markenspezifische Tonality zu emulieren und gleichzeitig SEO-Optimierungen durchzuführen, macht sie zu unverzichtbaren Tools für die Massenproduktion von Produktbeschreibungen, Blogbeiträgen und Anzeigentexten. Visuelle Generatoren auf Basis von KI-Diffusionsmodellen wie Midjourney oder Flux ermöglichen die Erstellung hochwertiger Marketingbilder, die stilistisch an CI/CD-Vorgaben angepasst sind.

Daneben gibt es auch im Kampagnenmanagement den Trend zu immer stärker vorkonfigurierten KI-basierten Marketing-Automation-Suiten: Taboolas GenAI Ad Maker verkörpert bspw. die nächste Evolutionsstufe programmatischer Werbung. Das Tool kombiniert NLP-Modelle mit Performance-Daten, um kreativoptimierte Anzeigenvarianten zu generieren, die CTRs um durchschnittlich 34% steigern. Salesforces Einstein integriert generative KI direkt in CRM-Systeme, um Next-Best-Action-Empfehlungen, Lead-Scoring-Modelle und automatisiertes Kampagnenmanagement bereitzustellen.

Die neueste Innovation stellen autonome KI-Agenten dar, die eigenständig Customer Journeys orchestrieren. Diese Systeme nutzen Reinforcement Learning, um durch kontinuierliche Interaktion mit Kunden und Backend-Systemen optimale Engagement-Pfade zu ermitteln. Bisherige Erfashrungen zeigen, dass mit agentenbasierten Upsell-Strategien die Conversion-Raten um bis zu 22% bei gleichzeitiger Reduktion der Kundenabwanderung gesteigert werden können.

 

KI-Assistenzsysteme im Contact Center

Neben den ganzen Tools drohen die Menschen hinter den Prozessen gern vergessen zu werden. Dabei ist die Fluktuationsrate von Kundenservice-Mitarbeitern enorm hoch und erreichte 2024 mit 49% einen historischen Höchststand. Dies Situation „hinter dem Vorhang“ hat jedoch direkte Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit. Generative KI adressiert dieses Problem durch die Automatisierung repetitiver Tasks und die Bereitstellung intelligenter Assistenzsysteme. Denken Sie also zunächst auch ihre eigenen Mitarbeiter, ihre Kunden werden es spüren.

Das Mitarbeitererlebnis im Contact Center, das sogenannte „Agent Experience“ (AX) sollte also nicht am Rande, sondern im zentrum ihrer I-Transformation im Service stehen.

Das zählen etwa Tools, die Kundendialoge in Echtzeit analysieren und kontextsensitive Wissensdatenbank-Einträge generieren können. Dadurch lassen sich bspw. Onboarding-Zeiten reduzieren. So reduziert sich die Einarbeitungszeit neuer Agenten von 12 auf 4 Wochen durch KI-kuratierte Schulungsmodule, die individuell auf den Wissensstand des Mitarbeiters zugeschnitten sind.

Aber auch im Call-Cenzter oder in Zoom-Calls geht es bald schin einen Schritt weiter, indem KI es möglich macht, dass systematisch emotionale Intelligenz stärker in der Kundeninteraktion aufgenommen wird. Und auch hierbei geht es um die Unterstützung menschlicher Agenten durch KI. Pionierprojekte kombinieren generative Sprachmodelle mit Emotionserkennungsalgorithmen, um Agenten bei der Deeskalation schwieriger Kundenanfragen zu unterstützen. Ein Pilotversuch im Einzelhandelssektor demonstrierte eine 40%ige Reduktion von Beschwerden zweiter Instanz durch KI-generierte Gesprächsvorschläge, die psycholinguistische Prinzipien berücksichtigen.

 

Transparenz schafft Augenhöhe

Trotz ihres Potenzials wirft der Einsatz generativer KI im Marketing viele ethische Fragen auf. Die EU-Kommission fordert in ihrem Entwurf zur KI-Verordnung (AI Act) spezielle Transparenzpflichten für Systeme, die synthetische Medieninhalte erzeugen1. Unternehmen müssen sicherstellen, dass KI-generierte Kampagnen keine diskriminierenden Bias verstärken oder manipulative Dark Patterns implementieren.

Ein Schweizer Versicherer etablierte bspw. erfolgreich ein KI-Ethikboard, das alle generierten Marketinginhalte auf Fairness, Datenschutzkonformität und psychologische Unbedenklichkeit prüft. Solche Governance-Strukturen werden zunehmend zum Differenzierungsmerkmal, da 68% der Verbraucher laut Gartner-Untersuchungen Marken mit ethischen KI-Richtlinien bevorzugen.

Seien Sie ehrlich zu sich selbst: benötigen Sie wirklich die KI-Verordnung der EU oder andere Vorschriften, um auf das zu kommen, was doch sowieso klar sein sollte? Das sie ihren Kunden nicht manipulieren, sondern, dass Sie ihm weiterhelfen wollen. Begegnen Sie ihrem Kunden also weierhin auf Augenhöhe und dazu gehört eben auch, dass sie KI-erzeugte Inhalte oder durch KI kuratierte Entscheidungen als solche so gut wie möglich nachvollziehbar machen und kennzeichnen. Dann wird der Kunde ihnen auch weiterhin sein Vertrauen schenken.

 

Immersive Erlebnisse und gemischte Agentensysteme

Diese Entwicklungen weisen in eine Zukunft des Marketings hin, in der sich generative KI mit Extended-Reality-Technologien (XR) zu immersiven Kundenerlebnissen verbinden könnte. Erste Prototypen kombinieren schon heute GPT-Modelle mit Echtzeit-3D-Rendering, um hyperpersonalisierte VR-Shoppingumgebungen zu kreieren. Gleichzeitig revolutionieren Multimodal-Agenten das Omnichannel-Marketing durch nahtlose Kontextübertragung zwischen physischen und digitalen Touchpoints.

In zukünftigen Marketing-Ökosystemen werden autonome KI-Agenten gesamte Kampagnenlebenszyklen eigenständig managen– von der Marktforschung bis zur Performance-Optimierung. Diese Entwicklung erfordert jedoch neuartige Kooperationsmodelle zwischen menschlichen Marketern und KI-Systemen, um kreative Exzellenz mit maschineller Effizienz zu verbinden. Auch wird der Erfolg wieder darin liegen als erster ein entsprechendes Agenten-Tool implementiert zu haben, sondern darin, die optimale Verknüpfung menschlicher Agenten und autonomer KI-Agenten erprobt zu haben. Nur diejenigen, die den Optimalen Mix zwischen KI und Mensch in ihren Prozessen mit „Human in the Loop“ an der richtigen Stelle haben, werden gewinnen.

 

Mensch-Maschine-Mix entscheidet

Die Generative KI kann dem Customer Experience Management und der Marketing Automation einen deutlichen Impuls geben und CX zum strategischen Differenzierungsfaktor werden lassen. Ob das so kommt, hängt von den Managern und ihren Entscheidungen ab.

Nicht Tools und Technologieplattformen revolutionieren das Geschäft, sondern erst die strategische Einbettung in übergreifende CX-Konzepte. Unternehmen, die ethische Governance, Mitarbeitereinbindung und kundenzentrierte Innovationen priorisieren, werden die disruptive Kraft generativer KI nutzen, um langfristige Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Die Zukunft gehört hybriden Ökosystemen, in denen menschliche Kreativität und maschinelle Intelligenz symbiotisch zusammenwirken.

 

Quellen

CRM System.de (2023), Einstein GPT: Generative AI von Salesforce. Verfügbar unter: https://www.crmsystem.de/news/vorgestellt-einstein-gpt (Abgerufen am: 26. Februar 2025).

NTT DATA (2023), How AI-Powered Digital Humans are Revolutionising Customer Experience. Verfügbar unter: https://www.nttdata.com/global/en/insights/focus/2023/how-ai-powered-digital-humans-are-revolutionising-customer-experience (Abgerufen am: 26. Februar 2025).

NTT DATA (2024), Transforming customer experience with Conversational AI: Harnessing Generative AI. Verfügbar unter: https://www.nttdata.com/global/en/insights/focus/2024/transforming-customer-experience-with-conversational-ai-harnessing-generative-ai (Abgerufen am: 26. Februar 2025).

Salesforce (2023), Salesforce Announces Einstein GPT, the World’s First Generative AI for CRM. Verfügbar unter: https://www.salesforce.com/news/press-releases/2023/03/07/einstein-generative-ai/ (Abgerufen am: 26. Februar 2025).

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