Mensch bleibt Mensch – Wie KI unsere Arbeit erweitert statt ersetzt

Mensch bleibt Mensch – Wie KI unsere Arbeit erweitert statt ersetzt

Warum Augmentation das bessere Narrativ ist – und Fritjof Bergmanns Idee von „Neuer Arbeit“ aktueller ist denn je.

„Die Arbeit, wie wir sie kennen, ist kaputt.“
– Fritjof Bergmann

Vieles deutet darauf hin, dass er recht hatte. Und dass genau jetzt der Moment gekommen ist, die Arbeit tatsächlich neu zu erfinden – nicht durch Schlagworte, sondern durch Technologie. Aber nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint.

Denn was wir gerade erleben, ist mehr als nur der Einzug von ChatGPT, Claude oder Copilot in unseren Alltag. Es ist der Beginn eines Strukturwandels, der uns zwingt, Arbeit grundsätzlich neu zu denken. Und: Die Frage ist nicht, was KI kann – sondern was der Mensch will. Genau da liegt der Unterschied zwischen Automatisierung und Augmentation.

 

Automatisierung ersetzt – Augmentation erweitert

Während klassische Automatisierung versucht, den Menschen aus Prozessen zu entfernen, zielt Augmentation darauf, ihn zu befähigen, zu ergänzen und zu stärken. Das ist mehr als Semantik – es ist ein anderer Blick auf Produktivität, auf Fähigkeiten, auf Führung.

Eine der aktuell spannendsten Studien dazu kommt aus Stanford: WORKBank. Sie hat 800 verschiedene berufliche Tätigkeiten untersucht – mit einem entscheidenden Twist: Nicht nur, was automatisierbar ist. Sondern auch, was Menschen wirklich automatisieren wollen – und was nicht.

Das Ergebnis:
Viele Tätigkeiten, die KI rein technisch übernehmen könnte, wollen Menschen bewusst selbst machen – z. B. kreative Arbeit, komplexe Gespräche, zwischenmenschliche Aushandlungen.

Dafür gibt es jetzt ein Modell: Die Human Agency Scale (HAS). Sie zeigt, wie sehr Menschen in bestimmten Aufgaben aktiv bleiben möchten – oder ob sie lieber Unterstützung oder sogar vollständige Automatisierung wollen.

Der blinde Fleck: Was technisch möglich ist, muss nicht sinnvoll sein

Die Studie offenbart eine gefährliche Lücke: Technische Machbarkeit ≠ menschlicher Wunsch ≠ tatsächlicher Einsatz.
Heute wird KI oft dort eingesetzt, wo es schnell geht – nicht dort, wo es sinnvoll wäre.

  • Repetitive Tasks? – Klar, bitte automatisieren.
  • Emotional aufgeladene Konfliktgespräche? – Bleiben besser beim Menschen.
  • Kreative Prozesse, strategische Entscheidungen, Zusammenarbeit? – Menschen wollen hier bewusst nicht ersetzt werden.

Wer diesen Unterschied ignoriert, läuft Gefahr, nicht nur Ressourcen zu vergeuden, sondern Vertrauen, Motivation und Sinn zu zerstören.

 

Bergmanns „New Work“ als ethischer Kompass

Hier kommt Fritjof Bergmann ins Spiel. Jahrzehnte vor der heutigen Debatte formulierte er, dass Arbeit dann gut ist, wenn sie das ermöglicht, was Menschen wirklich, wirklich tun wollen.

Bergmann wollte Maschinen nutzen – aber nicht, um Menschen überflüssig zu machen, sondern um Freiheit für Sinnvolles zu schaffen. Seine Kritik: Die industrielle Arbeit habe den Menschen entfremdet – wir dürften diesen Fehler in der digitalen Welt nicht wiederholen.

Wenn KI nun administrative Routinen übernimmt, kann das der Hebel sein, um genau das freizusetzen: Mehr Menschlichkeit, mehr Gestaltungsräume, mehr echte Arbeit. Aber nur, wenn wir bewusst gestalten.

 

Was das für Unternehmen heißt

Wer jetzt KI-Strategien plant, darf nicht nur auf Effizienz schauen.
Die wirklich relevanten Fragen lauten:

  • Welche Aufgaben will mein Team selbst ausführen – und wo wünscht es sich Entlastung?
  • Wie verändern sich Rollen und Kompetenzen?
  • Wo liegt der Wert des Menschen – und wie kann KI ihn vergrößern statt ersetzen?

Die Antwort darauf ist kein Tool, sondern eine Haltung. Eine, die KI nicht als Ersatz, sondern als Partner versteht. Und die Arbeit nicht als Kostenstelle, sondern als Ort der Wertschöpfung – für Unternehmen und Menschen.

 

Fazit

Die Zukunft der Arbeit entscheidet sich nicht an der Rechenleistung von KI – sondern an der Gestaltungskraft der Menschen, die sie einsetzen.

Fritjof Bergmann hat uns früh gewarnt vor der Entfremdung durch Technik.
Heute gibt uns die Technologie die Chance, seine Vision doch noch Wirklichkeit werden zu lassen.

Jetzt ist die Zeit für echte Neue Arbeit. Nicht als Employer-Branding – sondern als Haltung.

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